Telematikinfrastruktur
Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit wurde in den letzten 15 Jahren ein System zur sicheren Datenübertragung im Gesundheitswesen entwickelt. Es trägt den etwas sperrigen Namen »Telematikinfrastruktur« (TI), ein zusammengesetztes Kunstwort aus Telekommunikation, Informatik und Infrastruktur. Als riesiges und hochgesichertes Netzwerk soll es alle Teilnehmer im Gesundheitssystem, also über 170.000 Arzt- und Zahnarztpraxen, über 22.000 Apotheken, über 3.000 Krankenhäuser sowie Therapeuten, Hebammen und Krankenkassen, miteinander verbinden, um Patientendaten von über 73 Millionen gesetzlich Versicherten und bald auch 8,7 Millionen privat Versicherten auszutauschen.
Stand: 11. Dezember 2021 — MV
Die Teilnahme an der Telematikinfrastruktur (TI) ist nicht freiwillig. Durch eine Reihe von Gesetzen, zuletzt des Pflegemodernisierungsgesetzes (DVPMG) vom Januar 2021 wurden die Beteiligten im Gesundheitswesen zum Anschluss an die TI und hierfür zur Anschaffung speziell entwickelter Geräte verpflichtet. Dazu gehören die Kartenterminals, in die Sie in unserer Praxis Ihre Gesundheitskarte (eGK) einstecken. Die Kartenterminals sind mit einem sogenannten »eHealth-Konnektor« verbunden, einem versiegeltem Internetrouter der mittels eines sogenannten »Virtuellen Privaten Netzwerks« (VPN) eine verschlüsselte Verbindung mit den zentralen Servern der TI aufbaut. Das große Ganze dieser Geräte, der unzähligen Computer, Kartenterminals, Konnektoren, Datenleitungen und der verschiedenen zentralen Server, das ist die Infrastruktur für jene vernetzten Anwendungen die man als Telematik bezeichnet.
Die Sicherheitsanforderungen sind hoch. Zur verschlüsselten Übertragung Ihrer Patientendaten wurde ein technischer Standard eingeführt, der »Kommunikation im Medizinwesen« (KIM) genannt wird. KIM funktioniert ähnlich wie ein E-Mail-Programm mit enthaltener Verschlüsselung. Jeder Arztbrief und jede Nachricht wird vor dem Versand verschlüsselt, über die Telematikinfrastruktur (TI) zum Empfänger transportiert und erst dort wieder entschlüsselt (Ende-zu-Ende-Verschlüsselung). Dies gilt natürlich auch für eventuell enthaltene Dateien wie Befunde oder Röntgenbilder. Um sicherzustellen, dass der Absender korrekt und die Nachricht unverfälscht ist, wird jedes Dokument vor dem Versand signiert (unterzeichnet) und die Signatur vom Empfänger überprüft. Dazu muss sich jede:r Absender:in persönlich mittels einer »Smartcard« authentifizieren. Als Ärzt:innen haben wir dazu jeweils einen eigenen »elektronischen Heilberufsausweis« (eHBA).
Über »Kommunikation im Medizinwesen« (KIM) werden seit 1.7.2022 elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU-Bescheinigungen) an Ihre Krankenkasse versandt. Der Austausch von Arztbriefen, Befunden, Röntgenbildern, Laborwerten und anderen medizinischen Daten ist bislang freiwillig und wird kaum genutzt. Fachärztliche Überweisungen werden Sie statt auf Papier künftig (die Einführung steht aktuell noch aus) auf Ihrer eGK gespeichert zur Zielpraxis transportieren. Ferner sollen Rezepte, Verordnungen für Hilfsmittel, Krankengymnastik oder Krankenpflege mittels einer »App« auf Ihrem Smartphone in Ihrer Apotheke, Physiotherapiepraxis oder Pflegestation einlösbar sein.
Sie haben zur Authentifizierung Ihre elektronische Gesundheitskarte (eGK). Diese wurde in der Funktionalität deutlich erweitert. Bislang soll sie uns Ihre »Stammdaten« (Name, Geburtstag, Adresse, Krankenkasse, etc.) mitteilen. Wir benötigen diese Daten zur Abrechnung mit Ihrer Krankenkasse. Zusätzlich identifiziert Sie die eGK nun auch gegenüber der Telematikinfrastruktur (TI). Wenn Sie es wünschen, können wir Ihre Medikamentenliste auf Ihre eGK speichern, sodass Sie diese bei jedem Arztbesuch bei sich haben. Auch für Notfalldaten ist auf Ihrer eGK Platz, damit im Notfall wichtige Daten vorliegen wie Ihre Krankheiten, Allergien, Medikamente, Blutgruppe, sowie Kontaktdaten Ihrer Ärzt:innen, Angehörigen, oder der Ort eventuell vorhandener Dokumente wie Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Organspendeausweis. Mit dem Pflegemodernisierungsgesetz (DVPMG) vom Januar 2021 wurde überraschend beschlossen, dass der jüngst geschaffene Speicher von Ihrer eGK wieder entfernt werden soll. Notfalldaten und Medikamentenliste sollen in die TI verschoben werden. Hierfür sollen neue »Apps« entstehen.
Bereits umgesetzt wurde die Einführung einer freiwilligen »elektronischen Patientenakte« (ePA), die seit 2021 im »Testbetrieb« von Ihnen genutzt werden kann. Sie soll perspektivisch den Pappordner ersetzen, den manche Patient:innen zu Hause haben um ihre Krankenakte aufzubewahren. Ihre Krankenversicherung wird Ihnen auf Ihren Wunsch hin eine »App« zur Verfügung stellen, mit der Sie Ihre Diagnosen, Medikamente, Untersuchungsbefunde, Arztbriefe oder selbst erhobene Daten wie z. B. Blutdruck- und Blutzuckermesswerte in der Telematikinfrastruktur (TI) verschlüsselt ablegen können. Mit einem Smartphone können Sie etwa Daten eingeben oder sowie medizinische Unterlagen einscannen und hochladen. In einer Arztpraxis, natürlich auch bei uns, können Dokumente direkt aus unserer Praxissoftware in Ihre ePA kopiert werden. Sie alleine haben die vollständige Kontrolle über alle Ihre Daten, können Dokumente speichern, löschen und Ihren Behandler:innen mittels Ihrer eGK und einer sechsstelligen PIN freigeben. Diese PIN erhalten Sie von Ihrer Krankenkasse.
Doch es gibt auch Bedenken und Kritik bezüglich des Datenschutzes. Gesundheitsdaten werden meist über viele Jahre gespeichert. Wenn sie an die Öffentlichkeit geraten, dann kann es schwer sein diese wieder zu löschen. Weil die Daten bei wenigen Anbietern zentral gespeichert werden, kann ein böswilliger Angriff zur Offenlegung sensibler Daten von Millionen Versicherten führen. Solche Datenlecks gibt es in anderen Ländern mit elektronischen Patientendaten, z. B. den USA, Brasilien oder Finnland immer wieder. Im schlimmsten Fall könnten dadurch etwa Ihre Kreditwürdigkeit oder Ihre Chancen auf eine neue Mietwohnung sinken. Im Dezember 2020 konnten Sicherheitsexperten der Fachhochschule Münster etwa 200 Konnektoren ungesichert (durch falsche Konfiguration) im Internet finden und vertrauliche Patientendaten auslesen. Auch Kartenterminals konnten bereits von IT-Experten manipuliert werden. Hundertprozentige Sicherheit gibt es in den Datennetzen nicht.
So praktisch die elektronische Patientenakte sein mag, läuft sie seit 2021 im »Testbetrieb«. Bislang können Sie Ihre ePA nur komplett für eine Arztpraxis freigeben. Eine gezielte Eingrenzung der Freigabe auf einzelne Dokumente ist zwar vorgesehen, soll jedoch erst im Jahr 2022 möglich werden. Es werden daher bislang elementare Datenschutzprinzipien wie »Erforderlichkeit« und »Zweckbindung« mißachtet, wenn beispielsweise ein Therapeut einen unserer psychiatrischen Arztbriefe lesen könnte obwohl Sie diesem »nur« ein Röntgenbild zeigen wollen.
Neben dieser Datenfreigabe erfordert auch die Nutzung Ihrer elektronischen Patientenakte (ePA) ein »geeignetes Endgerät« wie ein Smartphone. Auf diesem müssen die verschiedenen »Apps« für ePA, eRezept, eVerordnung und so weiter installiert werden. Dies schließt zumindest einen Teil unserer älteren, beeinträchtigten oder technisch weniger versierten Patient:innen aus. Diese sind in den Möglichkeiten der ePA stark eingeschränkt, können Dokumente in ihrer ePA nicht ansehen, einzeln freigeben oder löschen. Daher sehen wir die angestrebte »Patientensouveränität« nur teilweise gegeben. Doch selbst mit Smartphone ist ein problemloser Umgang mit der elektronischen Patientenakte (ePA) nicht garantiert. Manche bereits vorhandenen »Apps« für die Verwaltung der ePA weisen offenbar teilweise erhebliche Mängel auf, wie Sicherheitschecks aufzeigen konnten. Bislang können diese »Apps« daher nicht bedenkenlos empfohlen werden.
Der Bundesbeauftragte für Datenschutz Ulrich Kelber hat wiederholt Warnungen an Krankenkassen ausgegeben. Er sieht die ePA nicht im Einklang mit europäischem Datenschutzrecht, insbesondere der »Datenschutzgrundverordnung« (DSGVO).
Unser Fazit
Wir begrüßen prinzipiell die Digitalisierung im Gesundheitswesen. In unserer Praxis erfolgt schon seit einigen Jahren ein Umstieg der papierbasierten Patientenakten auf eine vollständig elektronische Dokumentation. Seit 2018 sind wir mit eHealth-Konnektor und Kartenterminals ausgestattet und an die Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen und seit Juli 2022 nutzen wir die »eAU«. Die TI kann aus unserer Sicht eine sinnvolle und sichere Erweiterung durch Vernetzung mit anderen Arztpraxen, Krankenhäusern, Therapeut:innen und Apotheken darstellen. So können Befunde, Arztbriefe, Laborwerte oder MRT-Bilder, aber auch Facharztüberweisungen, Verordnungen und Rezepte einfacher und schneller ausgetauscht werden. Doppelte Untersuchungen oder Medikamentenwechselwirkungen können mit Hilfe der TI wahrscheinlich wesentlich effektiver vermieden werden.
Die Übertragung durch »Kommunikation im Medizinwesen« (KIM) ist stark verschlüsselt und signiert. Dies eröffnet uns die Möglichkeit, Ihre Arztbriefe und Befunde auch elektronisch an Ihre anderen Behandler:innen zu versenden. Zwar bieten wir in unserer Praxis bereits seit 2020 eine E-Mail-Verschlüsselung mittels der freien Software GnuPG an, doch wurde diese von den Kolleg:innen nur verhalten aufgenommen. Weil nun alle Arztpraxen, Krankenhäuser und Behandler:inen an die TI angeschlossen sein müssen, liegt uns nun ein einheitlicher, weit verbreiteter und sicherer Übertragungsweg vor.
Die Speicherung Ihrer Notfalldaten und Ihrer Medikamentenliste auf Ihrer eGK erscheint uns sinnvoll und, soweit bislang bekannt ist, sicher. Warum der Speicher wieder abgeschafft werden soll, erschließt sich uns nicht. Wenn Sie diese Funktionen nutzen möchten, dann nehmen Sie bitte zuerst Kontakt mit Ihrer Krankenkasse auf. Diese wird die notwendige Funktion freischalten. Rechtlich haben Sie einen Anspruch darauf.
Von der (für Sie freiwilligen) Verwendung der elektronischen Patientenakte (ePA) raten wir während der aktuell noch laufenden »Testphase« aus den oben genannten Gründen ab. Zwar kann die ePA als zentraler Speicherort all Ihrer Gesundheitsdokumente zu Übersicht und Vollständigkeit führen, jedoch sind Sicherheit, Datenschutz und die praktische Umsetzung offenbar noch verbesserungsfähig.
Die Entwicklung und Spezifizierung der Komponenten der Telematikinfrastruktur (TI) liegt in den Händen der Gesellschaft für Telematik (gematik GmbH). Diese bearbeitete und verbesserte die bislang bekannt gewordenen Sicherheitsprobleme umgehend. Auch die Tatsache, dass alle Spezifikationen offen einsehbar sind, verbessert unser Vertrauen in die TI. Ähnliche Ansätze haben sich bei der Entwicklung von quelloffener (»open source«) Software als erfolgreich erwiesen.
Wenn Sie die freiwilligen Funktionen der TI, einschließlich der ePA nutzen möchten, dann nehmen Sie bitte zunächst Kontakt zu Ihrer Krankenkasse auf. Selbstverständlich werden wir Ihnen dann (nach erneuter Aufklärung über die Risiken und Ihrer Einwilligung) Ihre Dokumente in Ihre ePA übertragen. Wenn Sie sich weiterhin unsicher sind, können Sie sich im Folgenden weiter informieren. Stichwortartig haben wir Ihnen weitere Details zusammengetragen. Wenn zusätzliche Fragen offen bleiben sollten, dann nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf. Wir haben vor, diese Seite aktuell zu halten, um Sie auch über neue Entwicklungen zu informieren.
Pflichtfunktionen
Einige Funktionen der Telematikinfrastruktur (TI) sind gesetzlich vorgeschrieben und werden (oder wurden bereits) eingeführt.
Versichertenstammdatenmanagement
Das sogenannte »Versichertenstammdatenmanagement« (VSDM) ist vorgeschrieben und war die erste Funktion der Telematikinfrastruktur (TI). Ihre Stammdaten müssen nach Sozialgesetzbuch (SGB) V § 291 auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) und in der Telematikinfrastruktur (TI) gespeichert sein und beinhalten Ihren Namen, Geburtsdatum, Geschlecht und Adresse, sowie Ihre Krankenkasse und Ihre (lebenslang unveränderliche) Krankenversicherungsnummer. Seit Januar 2019 werden bei jedem Einlesen Ihrer eGK in einem Kartenterminal die Daten auf Ihrer Karte mit jenen in der TI abgeglichen und ggf. korrigiert. Eine Korrektur kann beispielsweise notwendig werden, wenn Sie nach einem Umzug eine neue Adresse haben. Wir benötigen die Stammdaten zur Abrechnung mit Ihrer Krankenkasse.
Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) wurde zum 1.7.2022 eingeführt. Der Starttermin wurde mehrfach wegen technischer Probleme verschoben, und noch immer misslingt gelegentlich der elektronische Versand an die Krankenkassen. Im Krankheitsfall erhalten Sie daher wie gewohnt eine Papierbescheinigung in mehrfacher Ausfertigung. Von diesen bitten wir Sie, eine umgehend an Ihre Krankenkasse zu versenden und eine weitere dem Arbeitgeber vorzulegen. Dieses Vorgehen wurde mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) vom Mai 2019 und dem »Bürokratieentlastungsgesetz III« vom Januar 2020 geändert. Im Krankheitsfall werden Sie sich zukünftig »nur noch« telefonisch bei Ihrem Arbeitgeber krank melden. Wir werden eine eAU digital ausstellen und (mittels KIM) an Ihre Krankenkasse senden. Auf Anfrage Ihres Arbeitgebers soll dann die Krankenkasse diesem Informationen über Beginn und Dauer Ihrer Erkrankung geben. Aus unserer Sicht kann diese neue Funktion zu einer erheblichen Vereinfachung für Sie und für uns führen.
Elektronische Überweisung
Die elektronische Überweisung (»eÜberweisung«) ist zwar vorgeschrieben und soll kommen, jedoch steht unseres Erachtens noch nicht fest, wann sie eingeführt wird. Überweisungen an Ärzt:innen werden nicht mehr in Papierform ausgestellt sondern auf Ihrer elektronischen Gesundheitskarte (eGK) gespeichert. Die/der Zielärzt:in kann dann mit der eGK auch die eÜberweisung auslesen. Weil zu uns als Facharztpraxis viele Patient:innen überwiesen werden ist diese neue Funktion für uns begrüßenswert.
Elektronisches Rezept
Das elektronische Rezept (»eRezept«) soll 2023 eingeführt werden und bezieht sich auf alle verschreibungspflichtigen Medikamente einschließlich der Betäubungsmittel. Aufgrund technischer Probleme wurde die Einführung mehrfach verschoben. Mittels einer »eRezept-App« auf Ihrem Smartphone oder Tabletcomputer werden Sie Ihre Rezepte in einer Apotheke einlösen können. Wenn Sie kein Smartphone besitzen oder dieses nicht nutzen möchten erhalten Sie einen Barcode (QR-Code) auf Papier, den Sie in einer Apotheke vorlegen. Dieser dient als Zugriffsinformation für die Apotheke, um das Rezept aus der Telematikinfrastruktur (TI) abzurufen. Mit dem Pflegemodernisierungsgesetz (DVPMG) vom Januar 2021 wurde eine Erweiterung auf eVerordnungen (Physio- und Ergotherapie, Logopädie, Krankenpflege und Hilfsmittel) beschlossen. Das neue eRezept muss sich aus unserer Sicht erst noch bewähren. Bislang haben wir keine solche »eRezept-App« gesehen, erste Testläufe sollen ab Juli 2021 beginnen. Der Vorteil des Barcodes statt des »alten Rezepts« ist für uns nicht klar ersichtlich. Diese Alternative ist auch nicht vorgesehen, wenngleich Apotheken auch weiterhin in der Lage sein sollen, ein Papierrezept zu verarbeiten. Der Ausfall eines zentralen Servers der TI hätte den Verlust Ihres eRezeptes zur Folge. Sie können sich als Patient:in nicht gegen die Speicherung Ihrer personenbezogenen Daten (eRezepte, eVerordnungen) auf einem zentralen Server entscheiden.
Freiwillige Funktionen
Einige Funktionen der Telematikinfrastruktur (TI) sind freiwillig. Das heißt, dass Sie selbst entscheiden können, ob Sie diese nutzen möchten. Diese Funktionen müssen Sie von Ihrer Krankenkasse freischalten lassen.
Elektronische Patientenakte
Die elektronische Patientenakte (ePA) ist freiwillig und seit Januar 2021 im »Testbetrieb«. Sie ist gedacht als zentraler Speicherort für Ihre gesamte Krankenakte. Sie müssen die Nutzung bei Ihrer Krankenkasse beantragen und erhalten dann eine »ePA-App« für Ihr Smartphone oder Tabletcomputer, sowie eine sechsstellige PIN für Ihre elektronische Gesundheitskarte (eGK). Ihre Krankenkasse wird Ihnen einige kommerzielle Anbieter vorschlagen, die »Akten« für Ihre ePA anbieten. Auf den Servern dieses Anbieters werden Ihre Gesundheitsdaten verschlüsselt abgelegt werden. Weder der Anbieter noch Ihre Krankenkasse dürfen Einsicht in Ihre Daten haben. Um das sicherzustellen besteht der Schlüssel für Ihre ePA aus zwei Teilen, die auf verschiedenen Servern (»Schlüsselgenerierungsdiensten« oder »SGD« genannt) aufbewahrt und erst auf Ihrem Smartphone oder in unserer Praxis zusammengesetzt werden. Nur mit dem kompletten Schlüssel lässt sich Ihre ePA öffnen. Einer der »SGD« ist bei Ihrem Aktenanbieter, der andere bei einem Betreiber der Gesellschaft für Telematik (gematik GmbH). Sie haben zwei Möglichkeiten, sich in Ihrer »App« zu registrieren. Entweder kommuniziert Ihr Smartphone mit dem NFC-Chip Ihrer eGK (die meisten modernen Smartphones können ihn lesen) und Sie geben Ihre PIN ein. Dies gilt laut Gesellschaft für Telematik und BSI als die sicherste Variante. Alternativ erhalten Sie von Ihrer Krankenkasse einen »Aktivierungscode«, den Sie in Ihrer App eingeben. Für die Pflege der ePA sind Sie selbst verantwortlich. Sie können Dokumente wie Befunde, Arztbriefe oder selbst erhobene Daten (z. B. Blutdruckwerte) mit Ihrer »App« speichern oder löschen. Auch wir können Dokumente in Ihre ePA übertragen, nach Patientendatenschutzgesetz haben Sie das Recht darauf. Dazu müssen Sie uns Ihre ePA mittels eGK und PIN oder in Ihrer ePA-App freigeben. Erst nach Ende des »Testbetriebs«, voraussichtlich ab Januar 2022 können Sie mit Ihrer »App« exakt festlegen, welches Dokument Sie für wie viele Tage für welche:n Behandler:in freigeben möchten. Bis dahin können Sie nur die gesamte ePA freigeben. Ohne »App« haben Sie hingegen keine Möglichkeit, Daten zu speichern, anzusehen oder zu löschen, müssen dann Ihren Behandler:innen den Auftrag dazu erteilen. Aus unserer Sicht besteht aktuell Skepsis bezüglich der Anwendbarkeit und Datensicherheit der ePA, weshalb wir von der Verwendung bislang noch abraten.
Notfalldatenmanagement
Das »Notfalldatenmanagement« (NFDM) ist freiwillig. Auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) können Sie von Ihrer Hausärztin, Ihrem Hausarzt oder uns Notfalldaten wie Diagnosen, Medikamente, Allergien, Kontaktdaten Ihrer Angehörigen und Ärzt:innen, sowie den Aufbewahrungsort eventuell vorhandener Dokumente wie Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Organspendeausweis abspeichern lassen. Wenn es im Notfall einmal schnell gehen muss, kann beispielsweise ein:e Notärzt:in oder Rettungssanitäter:in mit Ihrer eGK und einem elektronischen Heilberufsausweis (eHBA) auf diese Daten zugreifen. Jeder Zugriff auf Ihre Notfalldaten wird auf Ihrer eGK protokolliert. Auf Ihren Wunsch können die Notfalldaten wieder gelöscht werden. Ein zusätzlicher Schutz mit einer sechsstelligen PIN ist möglich, jedoch empfehlen wir dies nicht. Wenn Sie sich nicht an die PIN erinnern, dann könnten die Daten auf der Karte nicht geändert oder gelöscht werden. Dennoch wäre auch dann im Notfall ein Auslesen ohne PIN möglich. Anders als in einer Arztpraxis haben Sie in einem Krankenhaus kein Recht auf Übertragung von Notfalldaten auf Ihre eGK. Dies wurde im Patientendatenschutzgesetz nicht verankert. Dies ist für uns schwer nachvollziehbar, da gerade in der stationären Versorgung Daten entstehen, die dokumentiert werden sollten (z. B. Informationen über eingesetzte Implantate). Dennoch ist aus unserer Sicht das NFDM eine sinnvolle neue Funktion die Leben retten kann.
Elektronischer Medikationsplan
Der »elektronische Medikationsplan« (eMP) ist freiwillig. Wenn Sie mindestens drei verschiedene Medikamente einnehmen, dann erstellen wir einen sogenannten »bundeseinheitlichen Medikationsplan« (BMP). Dieser kann von uns zusätzlich und freiwillig als eMP auf Ihre elektronischen Gesundheitskarte (eGK) gespeichert werden. Sowohl wir, als auch andere behandelnde Ärzt:innen, jedoch nun auch Apotheker:innen können Eintragungen vornehmen. Neben Ihrer eGK benötigen Sie eine sechsstellige PIN, die Sie von Ihrer Krankenkasse erhalten. Weil der eMP mit Ihrer PIN gesichert ist, haben Sie die Kontrolle darüber, wer ihn einsehen, ändern oder löschen darf. Aus unserer Sicht kann der eMP zu einem sinnvollen Nachfolger des BMP werden. Dennoch wird bis auf Weiteres der BMP vorgeschrieben bleiben. Eine doppelte Dokumentation auch auf der eGK kann hilfreich sein, wenn Sie Ihre Medikamentenliste nicht in Papierform bei sich tragen möchten. Dies wäre verständlich, wenn Sie Ihren eMP auf Ihrer eGK sowieso bei sich haben. Weil auch Apotheker:innen Eintragungen vornehmen können sind dann auch nicht-verschreibungspflichtige Medikamente im eMP enthalten. Eine aus unserer Sicht sinnvolle Erweiterung. Die gematik GmbH stellt Informationen für Patientinnen und Patienten als Broschüre zur Verfügung.
Digitale Gesundheitsanwendungen
»Digitale Gesundheitsanwendungen« (DiGA) sind so genannte »Apps« die Patient:innen selbst nutzen sollen, um selbständig Übungen oder Selbsteinschätzungen im Rahmen ihrer Erkrankungen vorzunehmen. Sofern die Apps vom Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geprüft wurden, dürfen Sie als DiGA bezeichnet und von Ärzt:innen auf Rezept verordnet werden. Ein Verzeichnis der zugelassenen DiGA finden Sie hier. Um eine DiGA zu erhalten, benötigen Sie ein Rezept von uns, das Sie bei Ihrer Krankenkasse einreichen. Von dort erhalten Sie dann einen »Freischaltcode«, mit dem Sie die »App« herunterladen und aktivieren können. Die Daten aus den DiGA sollen nach dem Pflegemodernisierungsgesetz (DVPMG) vom Januar 2021 in die elektronische Patientenakte (ePA) übertragbar sein.
Digitale Pflegeanwendungen
»Digitale Pflegeanwendungen« (DiPA) sind so genannte »Apps« die Alten- und Krankenpfleger:innen in der Pflege verwenden können. Sie wurden mit dem Pflegemodernisierungsgesetz (DVPMG) vom Januar 2021 eingeführt. Das Ziel sind »Apps« zur Dokumentation von z. B. Stürzen, oder zu Trainings wie etwa Gleichgewichtsübungen oder »Gedächtnisspielen« für Patient:innen. Die Pflegekassen sollen die Kosten übernehmen. Noch ist das Gesetz nicht in Kraft. Voraussichtlich werden Sie für eine DiPA, ähnlich wie bei den DiGA, ein Rezept bei Ihrer Krankenkasse einreichen.
Weitere Funktionen
Weitere Funktionen sind geplant. Impfausweis, Mutterpass, U-Heft für Kinder, Zahn-Bonusheft sind freiwillig und sollen zukünftig in Ihrer elektronischen Patientenakte (ePA) gespeichert und gepflegt werden können. Ihre:r Ärzt:in können Sie Zugriff auf die Dokumente zur Bearbeitung gewähren. Diese neuen Funktionen können sinnvoll sein, um etwa Versicherte an Impf- oder Vorsorgetermine zu erinnern. Voraussichtlich werden wir als Nervenarztpraxis eher wenig mit diesen neuen Funktionen in Berührung kommen.
Technische Begriffe
Elektronische Gesundheitskarte
Die elektronische Gesundheitskarte »eGK« ist seit 2015 vorgeschrieben und wird von den Krankenkassen an die Versicherten ausgegeben. Weil sie einen »Chip« entält nennt man sie »Smartcard«. Der Chip dient der Identifizierung der Versicherten und enthält einen Speicher von 58 kByte für Versichertenstammdaten, Einwilligung zu freiwilligen Funktionen der Telematikinfrastruktur (TI), elektronische Verordnungen und (freiwillig) elektronische Notfalldaten. Auf der Vorderseite der Karte sind Name und Lichtbild der Versicherten aufgedruckt. Zudem erlaubt die eGK nach Patientendatenschutzgesetz den Zugriff auf die Telematikinfrastruktur (TI) zur Nutzung derer Funktionen einschließlich der »elektronischen Patientenakte« (ePA). Dazu müssen Sie sich jedoch zuvor mit einer PIN am Kartenterminal authentisieren. Die PIN erhalten Sie von Ihrer Krankenkasse, wenn Sie die Nutzung einer elektronischen Patientenakte (ePA) beantragen. Aufbau und Funktion der eGK sind in mehreren Spezifikationen durch die gematik GmbH beschrieben.
Elektronischer Heilberufsausweis
Der elektronische Heilberufsausweis (eHBA) ist ein Arztausweis. Alle unsere Ärzt:innen haben einen eHBA, mit dem sie sich gegenüber der Telematikinfrastruktur (TI) authentisieren können. Er ist mit einer PIN geschützt. Eine Unterschrift mit dem eHBA gilt als rechtsverbindlich und wird als »Qualifizierte Elektronische Signatur« (QES) bezeichnet. Aufbau und Funktion des eHBA sind in der Spezifikation des eHBA durch die gematik GmbH beschrieben.
Kommunikation im Medizinwesen
Die sogenannte »Kommunikation im Medizinwesen« (KIM) ist ein technisches Protokoll zur verschlüsselten Übertragung von Daten über die Telematikinfrastruktur (TI). KIM funktioniert ähnlich wie ein E-Mail-Programm mit enthaltener Verschlüsselung. Jede Nachricht und jedes Dokument werden vor dem Versand verschlüsselt, über die TI transportiert und erst vom Empfänger wieder entschlüsselt. Geplant ist auch ein »Messenger-Dienst« mit der Möglichkeit des Versendens von Multimedia-Dateien. Wir als Sender müssen uns vor dem Versand mit unserem elektronischen Heilberufsausweis« (eHBA) identifizieren, weil Daten nur unterschrieben — mittels der sogenannten »Qualifizierten Elektronischen Signatur« (QES) — versendet werden. So bleibt es transparent, wer welche Daten versendet hat. Auf KIM bauen Dienste der TI auf, z. B. der elektronische Arztbrief oder die elektronische AU-Bescheinigung (eAU). Jeglicher Datenverkehr in der TI ist ausnahmslos verschlüsselt. Die Registrierung bei einem KIM-Dienst ist nach Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) vom Mai 2019 auch für uns verpflichtend. Neben größeren Anbietern wie der Telekom bietet auch die Bundesvereinigung der Kassenärzte einen KIM-Dienst an. Die Spezifikation erfolgt durch die gematik GmbH.
Qualifizierte Elektronische Signatur
Die »Qualifizierte Elektronische Signatur« (QES) wurde eingeführt, um unter digitale Dokumente eine Unterschrift (»Signatur«) setzen zu können. So sollen Empfänger medizinischer Daten Sicherheit über die Identität des Absenders erhalten. Für eine QES ist ein elektronischer Heilberufsausweis (eHBA) erforderlich. Sie gilt als rechtsverbindliche Unterschrift.
eHealth-Konnektor
Der »eHealth-Konnektor« (aktuell »PTV-3-Konnektor«) ist ein versiegelter »VPN-Router«, der unser Praxisnetzwerk mit den zentralen Servern der Telematikinfrastruktur (TI) verbindet. Die gesamte Kommunikation mit der TI, die Signaturen und die Ver- bzw. Entschlüsselung erfolgen durch den Konnektor. In jedem Konnektor ist eine Gerätekarte (»gSMC-K«) verbaut, die den Konnektor gegenüber der TI eindeutig identifiziert. Aufbau und Funktion wurden in der Spezifikation Konnektor durch die gematik GmbH beschrieben.
eHealth-Kartenterminal
Die »eHealth-Kartenterminals« sind jene Geräte in unserer Praxis, in die Sie Ihre elektronische Gesundheitskarte (eGK) einstecken. Am Kartenterminal sind Zifferntasten angebracht, in die Sie (ähnlich wie an einem Geldautomat) Ihre PIN eingeben können, um sich gegenüber der Telematikinfrastruktur (TI) zu identifizieren. In jedem Kartenterminal steckt eine PIN-geschützte SMC-B-Karte als »Praxisausweis«, die auch unsere Praxis gegenüber der TI authentisiert. Die Kartenterminals sind direkt mit dem Konnektor verbunden. Aufbau und Funktion wurden in der SICCT-Spezifikation durch die gematik GmbH beschrieben.
Digitale Identität
Eine »Digitale Identität« ist eine Menge an elektronisch vorliegenden Informationen die ausreicht, eine Person oder Institution gegenüber einem Computer zu authentifizieren. Dies geschieht auf niedrigem Sicherheits-Level durch Eingabe von Benutzername-Passwort-Kombination. Doch Passwörter können gestohlen werden. Daher sind bei Notwendigkeit höherer Sicherheit weitere Verfahren notwendig. Ein typisches Beispiel ist die »Zweifaktorauthentifizierung« im Rahmen des »Online-Bankings«, bei dem verschiedene Geräte zum Einsatz kommen. In der Telematikinfrastruktur werden so genannte »Zertifikate« auf »Smartcards« verwendet, um Konnektoren, Arztpraxen, Versicherte (Sie) oder Ärzt:innen (uns) digital zu repräsentieren. Dabei ist Ihre Smartcard Ihre elektronische Gesundheitskarte (eGK), unsere hingegen der elektronische Heilberufsausweis (eHBA) Das Pflegemodernisierungsgesetz (DVPMG) vom Januar 2021 führte Digitale Identitäten ein, damit beispielsweise bei Videosprechstunden gesichert ist, dass die Gesprächspartner:innen die sind, die sie angeben zu sein. Vermutlich werden Sie sich von zu Hause mit einem Zertifikat auf Ihrem Smartphone und Eingabe einer PIN identifizieren.
Telemedizin
Telemedizin, ein Kunstwort aus »tele« (griech. τῆλε = fern) und »Medizin« steht für medizinische Behandlung aus der Ferne. Während der Coronaviruspandemie zeigte sich der Bedarf an Telefon- oder Videosprechstunden. Doch bereits im »E-Health-Gesetz« vom Mai 2015 wurden Grundlagen festgeschrieben. Im Pflegemodernisierungsgesetz vom Januar 2021 wurde auch dem ärztlichen Notdienst (Tel. 116117) die Möglichkeit einer Videokonferenz zur Hilfe insbesondere in dünner besiedelten Regionen zugesprochen. Zur technischen Vereinfachung sollen Patient:innen und Ärzt:innen digitale Identitäten erhalten, die unabhängig von der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) bzw. dem elektronischen Heilberufsausweis (eHBA) eine Authentifizierung erlauben.
Gesetze
Das E-Health-Gesetz
Das Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen (»E-Health-Gesetz«) vom Mai 2015 wurde zur Einführung elektronischer Gesundheitsanwendungen und zur Etablierung der verschiedenen Funktionen der Telematikinfrastruktur verabschiedet. Erklärtes Ziel ist die Verbesserung von »Wirtschaftlichkeit, Qualität und Transparenz«. Das Gesetz enthält einen festen Zeitplan zur Einführung des Notfalldatenmanagement (NFDM), des elektronischen Medikationsplans (eMP) sowie geschützter Übertragungswege (später als KIM bezeichnet) von Nachrichten und Dokumenten wie z. B. des elektronischen Arztbriefes. Auch die Einführung der digitalen Unterschrift (»Qualifizierte Elektronische Signatur« QES) wurde festgelegt. Telemedizinische Anwendungen wie die Videosprechstunde sollen erleichtert werden. Zudem wurden die Grundlagen zur Weiterentwicklung der Telematikinfrastruktur und Nutzung auch durch nicht-ärztliche Berufe wie Therapeut:innen oder Pfleger:innen geschaffen.
Das Terminservice- und Versorgungsgesetz
Das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) vom Mai 2019 regelt die Beschleunigung von Terminvergaben in Arztpraxen. Zusätzlich verpflichtet es die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) zum Anbieten der elektronischen Patientenakte (ePA) und Zugriff darauf über Smartphone oder Tabletcomputer, auch ohne die elektronische Gesundheitskarte (eGK). Zudem sollen AU-Bescheinigungen (eAU) nur noch digital an die GKV versandt werden können.
Das Digitale-Versorgung-Gesetz
Das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG, auch als »E-Health-Gesetz II« bezeichnet) vom Dezember 2019 regelt die Einführung sogenannter »Gesundheitsapps«. Zudem verpflichtet es Apotheken und Krankenhäuser zum Anschluss an die Telematikinfrastruktur. Freiwillig bleibt der Anschluss von Hebammen, Physiotherapeuten, Pflege- und Rehabilitationseinrichtungen. Zur besseren Datenvernetzung im Gesundheitswesen sollen neue Standards für digitale Schnittstellen definiert werden. Die Regelungen zur elektronischen Patientenakte wurden explizit ausgenommen und werden im Patientendatenschutzgesetz (PDSG) festgelegt (s. u.).
Das Patientendatenschutzgesetz
Das Patientendatenschutzgesetz (PDSG) vom Oktober 2020 legt die expliziten Grundlagen zur Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA) bezüglich derer Inhalte und Zugriffsrechte. Die sogenannte »Patientensouveränität« soll sicherstellen, dass Patient:innen ein Recht auf die ePA (aber keine Pflicht dazu) haben, dass die ePA von den Versicherten selbst geführt werden soll, er von Anfang an entscheidet, welche Daten gespeichert werden, wer darauf zugreifen darf und ob Daten wieder gelöscht werden. Barrierefreiheit muss sichergestellt sein. Versicherte sollen ihre Daten zu Forschungszwecken freigeben dürfen. Erst ab 2022 soll ein »feingranuliertes« Berechtigungsmanagement auf Dokumentenebene oder Kategorien von Dokumenten oder Kategorien medizinischer Fachgebiete vorgeschrieben sein. Die Datensicherheit soll durch die Telematikinfrastruktur gewährleistet sein. Zudem wird die Einführung von »eRezept«, »eRezept-App« und »Digitaler Überweisung« bestimmt. Ab 2022 sollen auch Impfausweis, Mutterpass, »U-Heft« für Kinder oder Zahnarzt-Bonusheft in der ePA gespeichert werden können. Patienten sollen über eine »App« auf ihrem Smartphone oder Tabletcomputer vollen Zugriff auf ihre ePA erhalten und auch eigene Daten (wie z. B. Blutdruck- oder Blutzuckermessungen) eintragen können.
Das Pflegemodernisierungsgesetz
Das Digitale–Versorgung–und–Pflege–Modernisierungs–Gesetz (DVPMG) vom 20. Januar 2021 führt für die Krankenpflege digitale Anwendungen ein, so genannte »Digitale Pflegeanwendungen« (DiPA). Damit sind »Apps« für Alten- und Krankenpfleger:innen zur Dokumentation von z. B. Stürzen, oder zu Trainings wie etwa Gleichgewichtsübungen oder Gedächtnisspiele für Patient:innen, gemeint. Die Pflegekassen sollen die Kosten übernehmen. Schon jetzt sind so genannte »Digitale Gesundheitsanwendungen« (DiGA; nicht zu verwechseln mit DiPA) verfügbar. Diese »Apps« sollen Patient:innen selbst nutzen, um Übungen oder Selbsteinschätzungen im Rahmen ihrer Erkrankungen vorzunehmen. Deren Daten sollen nach dem neuen Gesetz in die elektronische Patientenakte (ePA) übertragbar sein. Dazu sollen die DiGA nicht nur vom Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geprüft werden, sondern zusätzlich ein »Zertifikat für Informationssicherheit« tragen müssen. Vermutlich durch Erfahrungen aus der Coronapandemie soll die Verwendung von Videosprechstunden erleichtert werden. Einerseits sollen Sie dem kassenärztliche Notdienst (Tel. 116117) Ihre Symptome in einer Videokonferenz zeigen können. Andererseits sollen auch AU-Bescheinigungen nach ärztlicher Konsultation in einer Videosprechstunde ausgestellt werden dürfen. Zur einfacheren Kommunikation in der Telematikinfrastruktur (TI) sollen alle Teilnehmer eine »Digitale Identität« erhalten, die zur Identifizierung auch ohne elektronische Gesundheitskarte (eGK) – bzw. elektronischen Heilberufsausweis (eHBA) – dienen sollen. Die Notfalldaten (NFDM) und der elektronische Medikamentenplan (eMP) sollen nun in der TI gespeichert werden und nicht mehr auf der eGK, die dann keinen eigenen Speicher mehr haben wird. Hierfür sollen neue »Apps« entwickelt werden. Mit diesen Apps soll dann auch eine elektronische Organspendeerklärung eingeführt werden. Die eRezept-App wird erweitert, um auch Verordnungen für beispielsweise Krankenpflege, Physiotherapie oder Hilfsmittel einlösen zu können. Daher werden auch weitere Teilnehmer der Gesundheitsberufe wie Pflegdienste oder Hilfsmittelhändler verpflichtet, sich an die TI anzuschließen. Zudem sollen eRezepte und eVerordnungen auch im EU-Ausland einlösbar sein. Dafür soll eine »eHealth-Kontaktstelle« aufgebaut werden, die den Austausch von Gesundheitsdaten auch mit Ärzt:innen im EU-Ausland erlaubt.